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Im Interview: Dipl.-Ing. Wieland Link
Immer wieder steht die Frage im Raum, ob ein Schutzzaun als solcher, schon bei der Auslieferung eine CE-Kennzeichnung tragen muss und welche Dokumente ggf. zu einem solchen Produkt mitgeliefert werden müssen. Um diese Frage zu klären, hat Safety System Products sich mit Herrn Dipl.-Ing. Wieland Link zusammengesetzt.
Herr Link - wird in der Maschinenrichtlinie eine Aussage darüber getroffen, ob ein Schutzzaun generell als Sicherheitsbauteil zu betrachten ist?
Die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG weist im Gegensatz zur alten Fassung 98/37/EG mehrere zusätzliche Anhänge auf. Einer davon ist Anhang V; er trägt den Titel "Nicht erschöpfende Liste von Sicherheitsbauteilen". Schutzzäune sind in dieser Auflistung als trennende Schutzeinrichtungen aufgenommen.
Bedeutet dies dann, dass ein Schutzzaun genauso zu betrachten ist wie andere Sicherheitsbauteile? Sagen wir zum Beispiel ein Lichtgitter?
Das ist eine gute Frage, es ist hier aber wichtig zu wissen, dass Bauteile, welche im Anhang V der Maschinenrichtlinie gelistet sind, nicht zertifizierungspflichtig sind. Erst dann, wenn Sicherheits-bauteile zugleich auch im Anhang IV aufgeführt sind, sind Hersteller verpflichtet, diese bei einer Prüfstelle, einer sogenannten "Benannten Stelle" prüfen zu lassen oder durch eine derartige Prüfstelle eine umfassende Qualitätssicherung bei der Fertigung zu installieren.
Herr Link, es gibt am Markt aber schon Schutzzaunsysteme, welche bereits mit einem CE-Zeichen ausgeliefert werden. Haben solche Produkte dadurch einen besonderen Stellenwert?
Lassen Sie uns nochmals das Beispiel mit dem Lichtgitter aufgreifen. Hier ist es generell ja auch so, dass das Produkt schon ein CE-Zeichen aufweist, wenn Sie es aus der Verpackung nehmen. Man muss hierbei aber differenzieren! Die Zertifizierung erfolgte bei dem Lichtgitter auf der Grundlage der EN 61496-1. Diese Norm beschreibt nur den technischen Aufbau des Gerätes, nicht aber die praktische Anwendung an einer Maschine oder Anlage. Diese Gesichtspunkte werden durch die Norm EN ISO 13857 abgedeckt. Nur wenn die Anforderungen beider Normen erfüllt werden, kommt es zur geforderten Schutzwirkung im Sinne der Maschinen-RL bzw. des Stands der Technik.
Gibt es denn nun eine Norm für den korrekten Aufbau eines Schutzzaunes?
Ja natürlich, EN ISO 13857. Diese Norm beschreibt die notwendige Dimensionierung einer Schutzumzäunung, wenn diese Zugriffschutz gegen mechanische Gefahren einer Maschine bieten soll bzw. muss. Diese Norm beschreibt aber z.B. nicht, welches Rückhaltevermögen ein Schutzzaun bei einer Roboterzelle aufweisen muss. Hier können sehr viele Faktoren zusammenkommen, die Hersteller von Schutzzäunen im Voraus nicht wissen können.
Jetzt stellt sich mir aber immer noch die Frage, weshalb es am Markt Hersteller gibt, die ihre einzelnen Elemente bereits zertifiziert haben und von einem konfigurierbaren System sprechen?
Ich sage nicht, dass ein CE-Zeichen an Schutzzäunen generell nicht möglich ist. Aus meiner Sicht ist dieses aber auf Zaunsysteme zu beschränken, welche nur Schutz gegen Zugriff zu gewährleisten haben, nicht aber eine Schutzwirkung entfalten müssen z.B. gegen herumfliegende Werkstücke, wenn bei umzäunten Roboteranlagen Vakuumgreifer versagen oder wenn Schutz gegen Laser-strahlung oder Lärmeinwirkung oder Schweißrauche usw. erforderlich ist. Solche Schutzzäune müssen anlagenspezifischen Gefährdungen und Risiken Rechnung tragen und sind deshalb von Fall zu Fall entsprechend den Bedürfnissen der jeweiligen Anlage zu gestalten.
Herr Link, soll das bedeuten, dass ein CE-Zeichen an Systemzäunen eine universelle Verwendung einschränkt?
Solange sie nur vor Zugriff schützen müssen NEIN. Wenn sie aber noch anderen Schutzzwecken dienen müssen JA. Ein CE-Zeichen an einem Schutzzaun ist also kein Freibrief bzw. bietet keine Gewähr, dass die Anforderungen der Maschinen-RL dadurch automatisch erfüllt sind. Die Pflicht für den Anlagenbauer/Hersteller bleibt, eine umfassende sicherheitstechnische Beurteilung von der in Verkehr zu bringenden Maschine oder Anlage zu erarbeiten und dabei stellt sich dann heraus, ob er mit einem Systemzaun arbeiten kann oder nicht.
Wie müsste dann ihrer Meinung nach die Planung und Auswahl eines geeigneten Schutzzaunes erfolgen?
Es gibt hier sicherlich viele Möglichkeiten um zum passenden Ergebnis zu kommen. Wäre ich ein Hersteller von Schutzzäunen, würde ich eine Art Checkliste oder Anforderungsliste erstellen, in welcher alle bekannten Gefährdungen erfasst wären und welche Schutzzauntypen aus meinem Programm welche Gefährdungen und ggf. Gefährdungskombinationen abdecken. Auf der Grundlage einer solchen Liste könnte dann der Maschinen-/Anlagenhersteller schnell herausfinden, ob es einen Systemzauntyp für seine Anlage am Markt gibt, oder ob der Zaun bzw die trennende Schutzein-richtung individuell bzw. anlagenspezifisch hergestellt werden muss.
Muss dieser Schutzzaun dann zertifiziert werden?
In aller Regel NEIN, da er nicht den Anforderungen des Anhang IV der Maschinen-RL zu unterwerfen ist. Eine Zertifizierungspflicht besteht nur bei Pressenschutzschirmen, welche an Pressen mit manuellen Einlegearbeiten angebaut werden. Betrachten Sie den Schutzzaun i.d.R. als Teil der Maschine!
Eine letzte Frage: Muss der Hersteller eines Schutzzauns sein Produkt als eine unvollständige Maschine im Sinne der Maschinen-RL betrachten und eine Einbauerklärung beifügen?
Nein! Laut Maschinenrichtlinie muss eine unvollständige Maschine Merkmale aufweisen wie eine vollständige Maschine, um als unvollständige Maschine zu gelten d.h., sie muss mindestens ein bewegliches Teil oder einen eigenen Antrieb aufweisen, von welchem eine Gefahr ausgeht; dies ist bei einem Schutzzaunelement nicht der Fall.Einem Systemschutzzaun müssen aber ausführliche Hinweise mitgeliefert werden, welche Schutz-funktionen der betreffende Zauntyp aufweist und was / wie zu dimensionieren und zu montieren ist, damit am Schluss das CE-Zeichen gerechtfertigt ist, also ein Produktdatenblatt und eine detaillierte Montageanleitung.
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